News Release

Cannabinoide aus Amöben

Neues Verfahren zur Herstellung von Wirkstoffen entwickelt

Peer-Reviewed Publication

Leibniz Institute for Natural Product Research and Infection Biology - Hans Knöll Institute -

image: The unicellular amoeba Dictyostelium discoideum can form a multicellular association and form fruiting bodies that release spores. view more 

Credit: Falk Hillmann / Leibniz-HKI

Jena. Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans Knöll-Institut in Jena (Leibniz-HKI) hat eine neue Methode entwickelt, um komplexe Naturstoffe in Amöben zu produzieren. Zu den sogenannten Polyketiden gehören unter anderem verschiedene Antibiotika aber auch Olivetolsäure, eine Vorstufe des pflanzlichen Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC). Die Ergebnisse wurden in Nature Biotechnology veröffentlicht.

Polyketide sind Naturstoffe mit einer Vielzahl therapeutischer Anwendungsmöglichkeiten. Unter ihnen sind Nahrungsergänzungsmittel, verschiedene Antibiotika wie beispielsweise Erythromycin sowie eine der zentralen Cannabinoidvorstufen: Olivetolsäure. Sie wird für die Synthese von Tetrahydrocannabinol (THC) benötigt. Der medizinische Einsatz dieser psychoaktiven Substanz wird intensiv erforscht und sie wird bereits angewendet, um unter anderem bei neurologischen Krankheiten und Schmerzen Linderung zu verschaffen.

THC ist ein natürlicher Inhaltsstoff der Cannabispflanze. „THC in Reinform aus der Fülle von Stoffen zu isolieren ist aber sehr aufwendig“, sagt Falk Hillmann, Leiter der Nachwuchsgruppe „Evolution mikrobieller Interaktionen“ am Leibniz-HKI und einer der Studienleiter. Auch die chemische Synthese von THC sei teuer, die Ausbeute gering. Deswegen erforscht er mit einem Team, wie solche Pflanzenstoffe biotechnologisch effizient hergestellt werden können.

„Bisher werden dafür meist Bakterien wie Escherichia coli oder die Hefe Saccharomyces cerevisiae verwendet, die selbst keine Naturstoffproduzenten sind“, erklärt Vito Valiante, Leiter der kooperierenden Nachwuchsgruppe „Biobricks mikrobieller Naturstoffsynthesen“ am Leibniz-HKI. Entsprechend seien sehr viele gentechnische Änderungen nötig, um die Synthese in diesen klassischen Modellorganismen möglich zu machen. Das Forschungsteam suchte deswegen nach Alternativen. Ein vielversprechender Kandidat ist die Amöbe Dictyostelium discoideum, die selbst zahlreiche biosynthetische Gene zur Produktion von Naturstoffen wie Polyketiden besitzt. „Bei näherer Betrachtung der Gene ist uns aufgefallen, dass einige eine hohe Ähnlichkeit zu pflanzlichen Biosynthesegenen aufweisen“, so Erstautorin Christin Reimer, die sich in ihrer Doktorarbeit mit dem Thema beschäftigt.

Um zu testen, wie gut sich D. discoideum als biotechnologische Produktionsplattform eignet, ließen die Forschenden die Amöbe zunächst das Nahrungsergänzungsmittel Resveratrol produzieren, ebenfalls ein Polyketid. Anschließend bauten sie das pflanzliche Enzym zur Produktion der THC-Vorstufe Olivetolsäure in das Genom der Amöbe ein. Allerdings war der Zusatz chemischer Vorstufen nötig, um die Synthese zu ermöglichen.

Um das zu umgehen, machten sich die Forschenden die natürlichen Eigenschaften der Amöbe zunutze und kombinierten das pflanzliche Enzym mit einem Enzym der Amöbe. „Die Amöbe ist in der Lage, direkt vor Ort die benötigte Vorstufe, eine Hexan-Einheit, herzustellen“, erklärt Hillmann. So gelang es dem Forschungsteam schließlich, ein funktionales Hybrid-Enzym herzustellen, das ohne weitere Zusätze Olivetolsäure herstellt.

„Durch unsere Forschung haben wir gezeigt, dass die Amöbe Dictyostelium als biotechnologische Produktionsplattform für Polyketid-basierte Naturstoffe genutzt werden kann“, so Reimer. Das Verfahren wurde bereits zum Patent angemeldet und wird laufend weiter verbessert. „Unser nächstes Ziel ist es jetzt, die beiden noch fehlenden Enzyme einzufügen, um das Endprodukt THC in den Amöben herstellen zu können“, so Hillmann.

An der Forschung beteiligt war auch ein Team des Biotechnikums am Leibniz-HKI. Johann Kufs, mit Reimer gemeinsamer Erstautor der Studie, kümmert sich hier um die Entwicklung und Optimierung des Biosyntheseprozesses für die Industrieanwendung.

Die Arbeit wurde im Forschungsgruppenprogramm des Landes Thüringen mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds sowie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) – unter anderem im Rahmen des „GO-Bio initial“-Programms – gefördert.


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